Focus Rechtsstaat: „Tanztheater“ über den Gräbern der Kriegstoten auf dem Soldatenfriedhof Vossenack ist nicht strafbar (Veröffentlicht am 15.09.2025)
I. Die politischen Bemühungen um die Einführung eines »neuen Wehrdienstes«
Die Bundesregierung bemüht sich um die Einführung eines »neuen Wehrdienstes« und hat hierfür zuletzt das sog. »Wehrdienst-Modernisierungsgesetz« (»WDModG«) vorgelegt [Archivlink], mit einem »sinnstiftenden und attraktiven Dienst« wolle man »die aktive Truppe« und die Reserve »stärken«. Ziel des neuen Wehrdienstes sei es auch [Archivlink],
„…jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich für Deutschland zu engagieren. Dabei geht es darum, Verantwortung zu übernehmen. Hierzu will die Bundeswehr ein Wehrdienstmodell bieten, welches sinnstiftend und attraktiv für junge Menschen ist, sie begeistert und ihnen neue Perspektiven ermöglicht.“
In einer kurzen Mitteilung der Bundesregierung wird auffällig Wert auf die Feststellung gesetzt, dieser Dienst solle »zunächst freiwillig sein«, er setze »zunächst auf Freiwilligkeit«, er bleibe »vorerst freiwillig« und es solle »so lange wie möglich auf Freiwilligkeit gesetzt« werden (Hervorhebungen diesseits) – ergänzt jedoch um den Hinweis, man könne bei Bedarf
„…durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages die verpflichtende Einberufung zum Wehrdienst beschließen“,
was deutlich zeigt, was tatsächlich beabsichtigt ist. Vielsagend ist auch der Hinweis [Archivlink] (Hervorhebung diesseits):
„Die Wehrpflicht (…) hat grundsätzlich weiterhin Bestand, in Friedenszeiten bislang aber keine praktischen Konsequenzen.“
Wenn eine deutsche Regierung sich wieder einmal um Aufrüstung und die Steigerung der Wehrerfassung bemüht, Kriegsdienst als »sinnstiftend und attraktiv« vermittelt und ein „Engagement für Deutschland“ durch Dienst an der Waffe propagiert, sollte man hellhörig werden und sich in Erinnerung rufen, welche gravierenden Folgen diese Haltung für das Land und die Welt in der Vergangenheit hatte und bis heute hat.
Hierzu besonders geeignet sind die im gesamten Bundesgebiet zahlreich vorzufindenden Soldatenfriedhöfe, in offizieller Diktion »Kriegsgräberstätten« genannt, auf denen Opfer der beiden Weltkriege beigesetzt wurden.
II. Die Gräber der Opfer als Erinnerung an die Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft
Die auf diesen Friedhöfen befindlichen Gräber sind solche der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft im Sinne von § 1 Abs. 2 des Gräbergesetzes (»GräberG«), denen in besonderer Weise zu gedenken ist und die nicht zuletzt dazu dienen, »für zukünftige Generationen die Erinnerung daran wach zu halten, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft haben« (vgl. § 1 Abs. 1 GräberG). Die Bundesländer haben die in ihrem Gebiet liegenden Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft zur erhalten, insbesondere sie zu pflegen und instandzusetzen (vgl. § 5 Abs. 3 GräberG).
Der Umgang mit den sterblichen Überresten im Krieg getöteter Menschen ist auch Bestandteil der sog. Genfer Konventionen, die im »Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I)« vom 08.06.1977 u. a. vorsehen, dass die Gräber von Kriegsopfern zu achten sind. Die Genfer Konventionen sind geltendes Recht, das nach Art. 25 GG als Teil des sog. »humanitären Völkerrechts« Vorrang vor nationalen Gesetzen hat.
Dies mag man als Hintergrund der nachfolgend geschilderten Vorgänge in Erinnerung behalten, die sich anlässlich des Volkstrauertages 2023 auf dem Soldatenfriedhof in Vossenack zugetragen haben, auf dem nach Angaben des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. 2.334 Kriegstote beigesetzt wurden. Zu diesen Toten gehören auch zahlreiche ausländische Staatsangehörige, darunter mit einiger Wahrscheinlichkeit Zwangsarbeiter, in den Kämpfen umgekommene Zivilopfer, u. a. Kinder, und etliche Männer, die nach dem Zweiten Weltkrieg bei örtlichen Minenräumarbeiten ihr Leben verloren.
III. Das »Tanztheater« des Kreises Düren und des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge vom 17.11.2023
Der Soldatenfriedhof in Vossenack sowie die 5 km entfernt gelegene Anlage in Hürtgen, wo nach Angaben des Volksbundes 3.001 Kriegstote bestattet wurden, unterliegen der Zuständigkeit des Kreises Düren unter dem – derzeit wegen Korruptionsvorwürfen suspendierten – Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU). Unter dessen Verantwortung wurden im Hinblick auf diese Friedhöfe unter dem Deckmäntelchen der sog. »modernen Gedenkkultur« bereits wiederholt bemerkenswerte, schon im Hinblick auf die Genfer Konventionen hochgradig fragwürdige Anordnungen getroffen, darunter ein Verbot der Ablage von Blumen und Kerzen sowie von Fotos der Gefallenen in Uniform. Hiergegen eingeleitete rechtliche Schritte blieben bislang erfolglos, zuletzt vor dem Landesverfassungsgerichtshof NRW.
Den (bisher) traurigen Höhepunkt stellte das sog. »Tanztheater« zum Volkstrauertag 2023 dar, eine gemeinsame abendliche Veranstaltung des Kreisverbandes des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und des Kreises Düren, in der man Schülerinnen und Schüler des benachbarten Gymnasiums auf der bunt beleuchteten und mit lauter Musik beschallten Gräberfläche direkt über den Gräbern der Kriegstoten tanzen ließ. Mehrere hundert Zuschauerinnen und Zuschauer der Veranstaltung ließ man im Halbdunkel nach freiem Belieben über die Gräber trampeln.
Zur Abkürzung sei auf die ausführliche Darstellung der Veranstaltung an anderer Stelle verwiesen, wo auch Videoaufzeichnungen abrufbar sind.
IV. Strafanzeige vom 31.01.2024
Gräber sind in Deutschland auch durch Strafgesetze geschützt. So schützt § 168 StGB als Teil der sich gegen Religion und Weltanschauung richtenden Straftaten die Ruhe verstorbener Menschen gegen Störungen; wobei auch deren Beisetzungsstätten sowie öffentliche Totengedenkstätten vor Beschädigung, Zerstörung oder Verübung »beschimpfenden Unfugs« geschützt werden. Schutzzweck ist neben dem Pietätsgefühl der Angehörigen auch der über deren Tod hinausreichende Achtungsanspruch der toten Menschen sowie das Pietätsgefühl der Allgemeinheit. Als Teil der Beleidigungsdelikte schützt zudem § 189 StGB vor der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. Auch hier ist primärer Schutzzweck das Pietätsempfinden der Angehörigen und die über den Tod hinausreichende Menschenwürde der verstorbenen Person.
Im Hinblick auf das besagte »Tanztheater« des Kreises Düren und des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge wurde hier am 31.01.2024 Strafanzeige (Auszug) wegen des Verdachts des Verstoßes der Störung der Totenruhe (§ 168 Abs. 2 StGB) sowie der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB) u.a. durch das Gestatten des Tanzens über den Gräbern, das dortige Errichten von Bühnen und Podesten, das Ausleuchten des Soldatenfriedhofs mit Scheinwerfern und dessen Beschallung mit Musik sowie die Gestattung des unkontrollierten Zustroms der Besucher über das Gräberfeld erstattet.
Dies wurde im Hinblick auf § 168 Abs. 2 StGB u.a. wie folgt begründet:
„Die Durchführung eines »Tanztheaters« unmittelbar über den Gräbern eines Soldatenfriedhofs ist eine gravierende Pietätsverletzung, denn die in diesen Gräbern bestatteten Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft i.S.v. § 1 Abs. 2 GräberG (o. Rn. 2) werden hierdurch zur Kulisse einer Art »Theateraufführung« herabgewürdigt. Das Tanzen ist naturgemäß Ausdruck guter Laune und ungezwungener Stimmung, die auf einem Friedhof von vornherein völlig deplaziert und unangebracht ist. Dies bringt auch die Friedhofsordnung zum Ausdruck, die generell bestimmt, dass sich die Besucher des Soldatenfriedhofs »entsprechend der Würde des Ortes zu verhalten« haben (vgl. § 4 Nr. 1 FO 2022) und die es ausdrücklich verbietet, dort »zu lärmen, zu spielen und in sonstiger Weise die Totenruhe zu stören (insbesondere Musikdarbietungen und die Benutzung von Tonträgern)« (vgl. § 4 Nr. 4 i) FO 2022).
Wird ein solches »Tanztheater« auf Veranlassung der Veranstalter – darunter mit dem Kreis Düren der Satzungsgeber der Friedhofsordnung! – gar auf oder über einzelnen Gräbern durchgeführt, ist dies, insbesondere unmittelbar vor dem Volkstrauertag als sog. »stillem Feiertag« (vgl. § 6 FeiertagsG NW), ein gezielter Tabubruch und auch Ausdruck einer gewissen Verachtung und Verhöhnung des Schicksals der dort bestatteten Kriegstoten. Das Tanzen auf den Gräbern von Toten zeigt dekadente Gleichgültigkeit, wo schon der Respekt vor deren (nach dem Grundgesetz unveräußerlicher) Menschenwürde stille Besinnung, Erinnerung und Anteilnahme gebietet. Ein solches Verhalten entbehrt jeglicher Pietät, es begründet den Anfangsverdacht einer Störung der Totenruhe nach § 168 Abs. 2 StGB.“
Der Verstoß gegen § 189 StGB wurde u.a. wie folgt begründet:
„Das Gestatten des Tanzens über den Gräbern des Soldatenfriedhofs Vossenack seitens der Veranstalter bedeutet die Äußerung von Missachtung oder Nichtachtung gegenüber den darin bestatteten Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft i.S.v. § 1 Abs. 2 GräberG, denn als Ausdruck von Freude und Unbefangenheit (o. Rn. 15) steht es in manifestem Widerspruch zu dem Schicksal der auf einem Soldatenfriedhof bestatteten Kriegstoten, deren vielfach elender Tod – schon mit Blick auf ihre (nach dem Grundgesetz unveräußerliche) Menschenwürde – unter keinem Aspekt Grund zu Freude und Unbefangenheit gibt, sondern zu Bestürzung, Anteilnahme und Gedenken.
Demgegenüber verhöhnt das Tanzen auf den Gräbern die Toten. Es bringt zum Ausdruck, dass man diese so gering achtet, dass man es – insbesondere vor dem Volkstrauertag als »stillem Feiertag« – nicht für unangebracht und pietätslos hält, das Tanzen auf deren Ruhestätte zu erlauben und den Zweck der Gräber und ihren besonderen Schutz durch § 1 Abs. 1 GräberG so zu konterkarieren. Dies, obwohl der Kreis Düren ein solches Verhalten durch seine eigene Friedhofsordnung untersagt (vgl. § 4 Nr. 1, Nr. 4 i) FO 2022). Das Gestatten des Tanzens über den Gräbern des Soldatenfriedhofs Vossenack ist eine entwürdigende Behandlung der dortigen Kriegstoten und eine tätliche Beleidigung ihres Andenkens. Dieses erfolgte mit voller Kenntnisse der Tatumstände seitens der Veranstalter und damit vorsätzlich.“
V. Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Aachen vom 20.02.2024
Mit Bescheid vom 20.02.2024 teilte die Staatsanwaltschaft Aachen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens mangels Tatverdachts mit. Dabei ging sie auf das ausführliche Vorbringen in der Strafanzeige nicht näher ein, sondern beschränkte sich auf pauschale Thesen.
So liege eine Störung der Totenruhe nach § 168 Abs. 2 StGB u. a. aus folgenden Gründen nicht vor:
„Denn ein Verüben beschimpfenden Unfugs i.S.d. § 168 Abs. 2 ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Insbesondere ist Unfug nicht schon jede Pietätsverletzung. Der vorausgesetzte beschimpfende Unfug ist vielmehr eine grob ungehörige, rohe Gesinnung zeigende Handlung, die sich nicht unmittelbar gegen den Ort selbst zu richten braucht, in der aber die Missachtung gegenüber seinem herausgehobenen Charakter zum Ausdruck gebracht werden muss, zum Beispiel durch sexuelle Handlungen, Anschmieren von Hakenkreuzen oder Absingen pornografischer Lieder.“
Auch eine Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB liege nicht vor,
„…da im vorliegenden Fall ein Verunglimpfen – eine grobe und schwerwiegende Herabsetzung des Andenkens Verstorbener – nicht ersichtlich ist, unabhängig davon, ob die Strafverfolgungsvoraussetzungen des § 194 Abs. 2 StGB erfüllt sind.“
Überraschenderweise prüfte die Staatsanwaltschaft auch das Vorliegen einer Rechtsbeugung (§339 StGB), für die sie jedoch im Ergebnis keinerlei Anhaltspunkte sah.
VI. Fachaufsichtsbeschwerde vom 05.03.2024
Unter Verweis auf die fehlende Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Strafanzeige und der wenig überzeugenden Begründung wurde gegen die Einstellung am 05.03.2024 Fachaufsichtsbeschwerde (Auszug) eingelegt und beantragt, die Ermittlungen wiederaufzunehmen.
VII. Zurückweisungsbescheid der Generalstaatsanwaltschaft Köln vom 05.04.2024
Mit Bescheid vom 05.04.2024 teilte die Generalstaatsanwaltschaft Köln mit einem weder unterzeichneten noch signierten Schreiben knapp mit,
„Weder Ihrem Vorbringen noch den angegebenen Quellen sind zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten im Zusammenhang mit der Veranstaltung vom 17.11.2023 auf der Kriegsgräberstätte Vossenack zu entnehmen.“
Die Beschwerde werde daher zurückgewiesen. Schon das Versenden eines Schreibens für das – mangels Unterzeichnung – offenbar niemand Verantwortung übernehmen möchte, spricht für sich.
VIII. Fachaufsichtsbeschwerde vom 12.04.2024
Angesichts der erneut völlig fehlenden Auseinandersetzung mit dem Vortrag in der Strafanzeige und der Beschwerde wurde die Fachaufsichtsbeschwerde am 12.04.2024 wiederholt.
IX. Zurückweisungsbescheid der Generalstaatsanwaltschaft Köln vom 26.04.2024
Mit Bescheid vom 26.04.2024 wies die Generalstaatsanwaltschaft Köln auch diese Beschwerde zurück, dies diesmal durch eine andere Oberstaatsanwältin und in signierter Form sowie mit etwas ausführlicher Begründung. Das eigentlich übliche Verfahren wäre es, die Beschwerde der eigenen Aufsichtsbehörde vorzulegen – dem Ministerium der Justiz des Landes NRW –, wenn die Generalstaatsanwaltschaft diese nicht als begründet ansieht. Dies vermied man jedoch dadurch, dass man die Beschwerde als sog. „Gegenvorstellung“ umdeutete, die sich auf die nochmalige Überprüfung der eigenen Entscheidung ohne Beteiligung des Ministeriums beschränkt.
Der Inhalt des Bescheids war bemerkenswert.
Eine Störung der Totenruhe nach § 168 Abs. 2 StGB liege nicht vor, weil
„…es sich bei der Gedenkveranstaltung um eine befugte Nutzung des Friedhofsgeländes gehandelt hat, da die Veranstalter, der Kreis Düren und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigte der Kriegsgräberstätte sind. Die aus der befugten Nutzung resultierenden – erwartbaren – Spuren stellen daher entweder schon keine Beschädigung im Sinne des § 168 Abs. 2 StGB dar oder wären jedenfalls von der Einwilligung der Berechtigten umfasst und mithin gerechtfertigt (zu vgl. Heuchemer in: BeckOK StGB, § 168 Rn. 22 ff. m. w. N.).
Angesichts der Zielrichtung der Veranstaltung ist ferner die Annahme, es sei »beschimpfender Unfug« im Sinne des § 168 StGB verübt worden, abwegig.“
Zu einer Strafbarkeit wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB wurde mitgeteilt:
„Nahezu absurd ist es, hier (objektiv und subjektiv) von einer Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu sprechen.“
Eine inhaltliche juristische Prüfung des angezeigten Verhalten wurde abermals nicht vorgenommen. Anstatt dessen beschränkte sich die Generalstaatsanwaltschaft Köln auf allgemeine Thesen, ergänzt durch die pauschale Feststellung, eine Strafbarkeit sei »abwegig« bzw. »nahezu absurd«.
X. Fachaufsichtsbeschwerde vom 27.05.2024
Um zu dem Vorgang auch die Einschätzung der obersten Aufsichtsbehörde, des Ministeriums der Justiz des Landes NRW, zu erhalten, wurde am 27.05.2024 auch gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Fachaufsichtsbeschwerde erhoben und unter Verweis auf die pauschale Natur der Bescheide vom 05.04. und vom 26.04.2024 eine vollständige rechtliche Würdigung des angezeigten Sachverhalts erbeten.
XI. Zurückweisungsbescheid des Landesjustizministeriums NRW vom 03.07.2024
Mit Bescheid vom 03.07.2024 wurde die Beschwerde unter Verweis auf die Bescheide der Generalstaatsanwaltschaft Köln zurückgewiesen. Der Sachverhalt sei nun »wiederholt geprüft« worden, weitere Eingaben in der Angelegenheit würden daher ohne neuen Sachvortrag nicht mehr beschieden – angesichts des nur sehr kursorischen Eingehens auf den ausführlichen Inhalt der Strafanzeige ein erstaunlicher Hinweis.
XII. Bewertung
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass es nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Aachen, der Generalstaatsanwaltschaft Köln sowie des Ministeriums der Justiz des Landes NRW weder eine Störung der Totenruhe noch eine Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener darstellt, wenn über durch die Genfer Konventionen und das Gräbergesetz besonders geschützten Grabstätten von Kriegsopfern getanzt wird, darüber Bühnen und Podeste errichtet werden, der entsprechende Friedhof mit Scheinwerfern ausgeleuchtet und mit lauter Musik beschallt wird sowie die Veranstalter hunderte von Menschen über diese Grabstätten trampeln lassen.
Wenn man nun einerseits die eingangs dargestellten politischen Bemühungen zur Einführung eines – lediglich »zunächst freiwilligen« – »neuen Wehrdienstes« betrachtet und dem den vorstehend beschriebenen Umgang mit den Gräbern der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, denen in besonderer Weise zu gedenken ist und deren Gräber nicht zuletzt ausdrücklich dazu dienen, »für zukünftige Generationen die Erinnerung daran wach zu halten, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft haben« (vgl. § 1 Abs. 1 GräberG), gegenüberstellt, zeigt dies anschaulich den Stellenwert, der dem Menschen und der Menschenwürde hier tatsächlich beigemessen wird. Dass einerseits für einen angeblich »sinnstiftenden und attraktiven Dienst« im Militär geworben und gleichzeitig die Erinnerung an diejenigen Männer, Frauen und Kinder, die durch Krieg in der Vergangenheit ihr Leben gelassen haben, höhnisch mit Füßen getreten wird, sagt alles aus.
Man kann dem politischen Werben um neue Soldaten nur umso nachdrücklicher die Devise entgegenhalten, die in Deutschland nach den schmerzlichen Erfahrungen mit der NS-Diktatur und dem Zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte unangefochten galt:
Nie wieder Krieg.
(Titelfoto: Soldatenfriedhof Vossenack, August 2022)
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